Förderung

Die Hans Soldan Stiftung fördert Rechtsberatende Praxis im juristischen Studium (anwaltsorientierte Studentenausbildung) aus folgenden Erwägungen:

§ 5 a (3) 1 DRiG bestimmt, dass die Inhalte des juristischen Studiums die rechtsprechende, verwaltende und rechtsberatende Praxis zu berücksichtigen haben; Gegenstand des Studiums sind Pflicht- und Wahlfächer. Pflichtfächer sind die Kernbereiche des Bürgerlichen Rechts, des Strafrechts, des Öffentlichen Rechts und des Verfahrensrechts einschließlich der europäischen Bezüge, der rechtswissenschaftlichen Methoden und der philosophischen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Grundlagen. Die Wahlfächer dienen der Ergänzung des Studiums und der Vertiefung der mit ihnen zusammenhängenden Pflichtfächer (§ 5 a (2) DriG).

Die anwaltsorientierte Studentenausbildung ist somit nicht in das Ermessen der juristischen Fakultäten gestellt, sondern Gesetzesauftrag. Hieraus ergibt sich bereits, dass eine nur justizförmige, also nur die rechtsprechende Praxis berücksichtigende universitäre Juristenausbildung, die sich allein am traditionellen Leitbild der Richter, Staatsanwälte und Verwaltungsbeamten ausrichtet, nicht der vom Gesetz vorgeschriebenen Jurastudentenausbildung entspricht, zumal gesetzlich der Berücksichtigung der rechtsprechenden Praxis kein Vorrang vor der Berücksichtigung der rechtsberatenden Praxis eingeräumt ist.

Deshalb wird zutreffend generell beklagt, dass Rechtsberatung und Rechtsgestaltung in der Juristenausbildung eine zu geringe Rolle spielen, wie dieser ohne Gegenstimmen vom 62. Deutschen Juristentag 1998 in Bremen gefasste feststellende Beschluss als Schlussfolgerung aus der Gegenüberstellung der zu justizlastigen universitären Ausbildung einerseits und eines überwiegenden Bedarfs an anwaltsorientierter Ausbildung andererseits beweist. Weiter wurde vom Juristentag übereinstimmend festgestellt, dass Ziel der Juristenausbildung nicht der berufsfertige, sondern der berufsfähige Jurist ist, der wissenschaftlich gebildet, über juristische Urteilskraft und Rechtskenntnisse verfügt, um Zusammenhänge auch mit anderen Wissensgebieten erkennen zu können und in der Lage ist, sich in angemessener Zeit in einen juristischen Beruf einzuarbeiten und sich so fortzubilden, dass er den sich wandelnden Anforderungen seines Berufs fortlaufend gerecht wird.

Da die wissenschaftliche Ausbildung zu dieser Berufsfähigkeit den Juristenfakultäten anvertraut ist und sie dabei im Studium, also in den Pflicht- und Wahlfächern prüfungsrelevant auch die rechtsberatende Praxis entsprechend ihrer großen Bedeutung in den Berufsfeldern der Juristen zu berücksichtigen haben, hat die anwaltsorientierte Juristenausbildung im Hinblick auf die besonderen Belange der Rechtsanwälte und der Notare nicht erst in der Praxis zu beginnen, wie immer sie auch künftig ausgestaltet sein mag, sondern sie ist von Anfang an Teil des Lehrauftrages der Universität.

Nach § 3 BRAO sind Rechtsanwälte die berufenen unabhängigen Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Rechtsberatende Praxis ist mithin die Berufstätigkeit von Rechtsanwälten, forensisch und kautelarjuristisch. Dazu gehört aber auch die Betreuung und Vertretung der Beteiligten durch die Notare auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege (§ 24 BNotO). Diese im Studium als anwaltsorientierte Ausbildung zu berücksichtigende rechtsberatende und rechtsbesorgende Praxis hat demgemäß zum Inhalt:
Die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung und Beratung, die Strafverteidigung sowie die Rechtsgestaltung und die konfliktvermeidende sowie die streitschlichtende Beratung im privaten und öffentlichen Recht.

Hierzu ist festzustellen und entsprechend zu bewerten, dass mindestens 75 %, wahrscheinlich mehr, der von Rechtsanwälten bearbeiteten Angelegenheiten ohne Einschaltung der Gerichte erledigt werden; für die Tätigkeit der Notare trifft dies generell zu. Auch deshalb wird eine nur justizförmige Jurastudentenausbildung den Ansprüchen der Rechtspflege nicht gerecht. Von besonderer Bedeutung ist nämlich noch, dass nach im wesentlichen gleichlautenden statistischen Angaben nur etwa 3 von 100 Absolventen der Juristenausbildung Aufnahme in der Justiz finden, jedoch 85 von 100 Assessoren den Anwaltsberuf ergreifen (müssen) oder in der Wirtschaft ihr Auskommen suchen. Praktisch ist also Juristenausbildung Anwaltsausbildung.

Die Juristenausbildung wo immer sie auch stattfindet, ob mit oder ohne Referendariat, muss daher auch am Leitbild der Rechtsanwälte und Notare ausgerichtet sein, also an der großen Zahl der Ausgebildeten. Diese Berufsgruppe stellt den weitaus größten Teil der Berufsfelder für Juristen dar. Auch dies ist für das Ausbildungsziel der Berufsfähigkeit maßgebend, so dass Berücksichtigung der Praxis bereits im Studium vorwiegend anwaltsorientiert sein muss.

Die Studierenden sind daher bereits während des Studiums mit der Seh- und Arbeitsweise rechtsgestaltender und rechtsberatender Anwälte vertraut zu machen, um eine Verengung des Blicks auf die richterliche Arbeit von vornherein zu vermeiden. Die Praxisorientierung darf also nicht erst in der zweiten Ausbildungsphase beginnen, sondern die Universitätsausbildung muss den Absolventen ein Grundverständnis für Fragen der Rechtsberatung und -gestaltung mit auf den Weg geben.